Das User Interview Teil 2 – was es kann und was es nicht kann

Die Erwartungen an User Interviews sind in der Regel hoch. Wir schauen uns die beliebte User Research Methode heute etwas genauer an und zeigen, was User Interviews leisten können und wo sie an ihr Grenzen stoßen.

42 – Die Antwort auf alles? Oder sollten wir doch besser ein paar User Interviews führen?

Sowohl große Unternehmen als auch neu gegründete Startups befassen sich Tag und Nacht mit ein und der selben Frage:

Wie kann ich das Problem meiner Nutzer lösen?

Genau hier fängt das Dilemma auch schon an… Viel wichtiger als das Wie ist das Was! Es geht nicht darum, wie man ein Problem lösen kann, sondern darum was das eigentliche Problem ist. Trotz der vielen Bemühungen und investierten Ressourcen fokussieren sich noch immer viel zu viele Unternehmen auf die Lösung statt auf das Problem. Richtig angewandt, können User Interviews hier erstaunliche Ergebnisse liefern.

User Interviews können echte Probleme von Nutzer aufzeigen

Zu lösende Probleme gibt es viele, vor allem wenn man schon immer sein eigenes Startup gründen wollte… Durch gezieltes Nachfragen (und Zuhören!) während der Nutzer Interviews kann man nicht nur herausfinden wo der Schuh wirklich drückt, sondern auch wann er am heftigsten schmerzt und wie schlimm der Schmerz auf einer Skala von 0-10 ist. 🙂

Aufpassen muss man bei sogenannten Suggestiv-Fragen! Diese lassen dem User kaum Chancen eigene Gedanken zu offenbaren. Das Zauber-Fragewort heisst hier „Warum“  (ruhig auch mehrmals hintereinander benutzen), so kommt man dem eigentlichen Problem immer näher.

User Interviews zeigen mögliche Lösungen

Mithilfe von Nutzer Interviews lassen sich schnell mögliche Lösungen finden. Oft berichten Nutzer von Herausforderungen, die ihnen bei bestimmten Prozessen begegnen. Als Interviewer hat man oft mindestens eine passende Idee darauf parat. Doch aufgepasst: Fragen wie „Würdest du Produkt/ Service X nutzen?“ führen nur selten zu aussagekräftigen Antworten.

User Interviews schaffen ein Verständnis für die Bedürfnisse

User Interviews sind dazu da, um seine Nutzer besser zu verstehen und hinter die Motivation der Kaufentscheidung zu blicken. Hier eignen sich z.B. folgende Fragen: „Warum nutzt du Produkt XY?“, „Wie gehst du vor, wenn du…?“, „Warum machst du X, um …?“.

Damit soll ein Verständnis für die Bedürfnisse und die Gedankenwelt geschaffen werden, um neue Services und Produkte zu konzipieren und bestehende gezielt zu verbessern.

Was User Interviews nicht leisten können

Nach den genannten Vorteilen wollen wir nun auf die falschen Erwartungen eingehen. Denn nicht immer ist es sinnvoll User Interviews zu führen. Wann ihr lieber auf andere Methoden setzen solltet, erfahrt ihr jetzt:

Hört auf Usability-Fragen in einem User Interview zu stellen

So wie die Zahl 42 sind auch Fragen an Nutzer nicht die Antwort auf alles. Viel zu oft werden im Rahmen von User Interviews Fragen bzgl. der Usability gestellt und beantwortet. Wenn es in Lektüren zum User-Centered-Design also heißt „den Nutzer in den Mittelpunkt stellen“ bedeutet das nicht automatisch, dass alle Entscheidungen abhängig vom Nutzer Interview gemacht werden sollen.

Nochmal  zusammengefasst: User Interviews sind sehr mächtig! Fragen wie: „Findet der Nutzer den Button zum Absenden des Formulars“ oder „Sind die Menüpunkte verständlich und richtig angeordnet?“ gehören nicht unbedingt in ein User Interview. Nutzt hierfür andere Methoden wie Cart Sorting oder Usability Tests.

User Interviews geben keine Garantie

Mit User-Interviews ist es wie mit jedem Werkzeug – sie sind beim Bau großer Projekte unerlässlich und helfen Zeit und Geld zu sparen. Die Entwicklung neuer Produkte und Services ist allerdings ein vielseitiger Prozess, der von vielen Faktoren abhängt.

Mithilfe von User Interviews können Bedürfnisse von Nutzern besser verstanden und das Risiko für eine Fehlinvestition gesenkt werden, eine Erfolgsgarantie gibt es auch bei diesem Tool nicht!

Auf die größten Missverständnisse sind wir in unseren beiden Beiträgen Das User Interview Teil 1 – was ist es und was ist es garantiert nicht? und Das User Interview Teil 3 – wie mache ich es und wie mache ich es besser nicht? genauer eingegangen.

User Interviews liefern keine quantitativen Ergebnisse

Ein wichtiger Unterschied von User Interviews zu anderen Research Methoden (wie z.B. Umfragen) ist die Tatsache, dass sie nicht repräsentativ sind. Möchte man z.B. wissen, wieviele Menschen in Deutschland Amazon nutzen und welche auf kleineren Shops unterwegs sind, schaut man sich nach einer entsprechenden Statistik um. Mit User Interviews hingegen kann man herausfinden, warum Menschen gerne auf Amazon einkaufen und was vielleicht verbessert werden kann.

Fazit:

Ein User Interview ist in erster Linie ein Werkzeug, das, richtig eingesetzt, helfen kann, einer guten Geschäftsidee näher zu kommen. Diese Methode ist allerdings nicht für alle Fragen geeignet, die sich mit dem Produkt und seiner Optimierung befassen.

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